Ein bisschen aufgeregt war ich schon. Okay – vielleicht auch mehr als ein bisschen.
Denn an diesem Morgen war alles anders. Ich war nicht einfach auf dem Weg in den Urlaub – ich war unterwegs als Frau.
Geschminkt, frisiert, gestylt – weiße Bluse, skinny Jeans, Sneaker und Handtasche – bereit für den Flug.
10 Tage auf Teneriffa warteten auf mich. komplett en femme, mit meiner Frau an meiner Seite.
Doch der erste Schritt war der größte: Am Flughafen ankommen – und sichtbar Tamara sein.
Vorbereitung – zwischen Vorfreude und Fragen im Kopf
Natürlich hatte ich den Urlaub schon lange im Voraus geplant.
Outfits überlegt, Make-up getestet, eine neue Perücke gekauft, passende Schuhe ausgesucht – und vor allem: mir viele, viele Gedanken gemacht. Es war schließlich etwas anderes, etwas größeres, als sich bei einem Event, z.B. zum Karneval, mal ein paar Stunden lang als Frau zu präsentieren.
Wie wird das sein?
Wie wird die Reaktion am Flughafen sein? Gibt es Probleme beim Check-in, bei der Sicherheitskontrolle?
Darf ich überhaupt fliegen, wenn mein Pass eindeutig männlich ist, ich aber ganz klar als Frau auftrete?
Ich habe sogar eine E-Mail an die Flughafen-Security und an die Fluggesellschaft geschickt – einfach um im Vorfeld zu klären, wie das abläuft und ob ich auf irgendetwas achten muss. Die Antwort war freundlich und beruhigend:
Kein Problem. Jeder darf so reisen, wie er oder sie sich wohlfühlt.
Das hat mir Mut gemacht – aber die kleinen Zweifel blieben trotzdem.
Und so fuhr ich mit leichtem Kribbeln im Bauch Richtung Flughafen, mit dem Wunsch, dass einfach alles gut läuft.
Check-in: Alles beginnt mit einem „Guten Morgen“
Am Münchner Flughafen angekommen, ging es direkt zum Check-in-Schalter. Es war wenig los um diese Uhrzeit, etwa 20 Personen vor uns. Und darüber hinaus war es auch einer der Tage, an denen am Flughafen gestreikt wurde, weshalb es allgemein ziemlich leer war. Viele Flüge waren abgesagt worden – unserer zum Glück nicht.
Ein freundlicher junger Mann begrüßte uns mit einem Lächeln. Ich reichte meinen Ausweis und meine Bordkarte – natürlich mit meinem männlichen Namen. Und da stand ich – als Tamara.
Er zuckte nicht mit der Wimper. Kein Zögern, kein fragender Blick.
Er checkte unsere Daten, wog die Koffer, druckte die Bordkarten, wünschte uns einen schönen Flug.
Ganz normal. Ganz ruhig. Ganz einfach.
Und für mich war das der erste kleine Sieg des Tages:
Ich bin sichtbar – und es ist okay.
Sicherheitskontrolle: Ein bisschen Nervenkitzel
Der nächste Schritt war die Sicherheitskontrolle. Und ja, da war sie wieder: diese Unsicherheit.
Wird der Scanner anschlagen? Wird jemand mich „erkennen“? Werde ich rausgezogen, abgetastet, befragt? Plötzlich steht man im Fokus: Jacke ausziehen, Gürtel abnehmen, Körper-Scan… und all das mit Perücke, Silikonbrüsten im BH, Make-up.
Aber es verlief völlig unspektakulär:
Ich wurde ganz selbstverständlich durch den Körperscanner geschickt. Noch nicht mal ein kurzer Piepton.
Die Mitarbeiter*innen der Security waren allesamt höflich, freundlich, professionell.
Kein Blick zu viel. Keine Fragen. Keine Überraschung.
Und ich dachte mir: Okay, Tamara. Du bist auf dem besten Weg.
Kaffeepause & Gate-Wechsel
Nach der Kontrolle gönnten wir uns erstmal einen Kaffee. Ich war langsam entspannter – und meine Frau auch. Wir saßen wie zwei Freundinnen in einem Café, sprachen über den Urlaub, und als es dann Zeit wurde, machten wir uns auf den Weg zum Gate, das mittlerweile gewechselt hatte.
Begegnung am Gate – und ein stiller Triumph

Als wir am Gate ankamen, standen da schon einige Reisende. Meine Frau hatte Mühe, so lange zu stehen und eine Frau mit ihrer erwachsenen Tochter machte ihr freundlich ein bisschen Platz auf der Bank.
Ich stand noch auf der anderen Seite des schmalen Ganges, als die beiden sich zu ihr drehten und fragten:
„Möchte sich Ihre Freundin nicht auch setzen?“
Freundin.
Nicht „Begleitung“. Nicht „die da“.
Einfach nur: Freundin.
Ich setzte mich und wir kamen ins Gespräch. Über den Flug, über Spanien, über dies und das.
Keine irritierten Blicke. Kein Stirnrunzeln. Keine Fragen.
Nur ganz normale, freundliche Begegnungen.
Und in mir breitete sich ein wohliges Gefühl aus:
Ich werde genau so wahrgenommen, wie ich mich fühle. Und das ist wunderschön.
Boarding – der Moment, der so unspektakulär war, dass er besonders war
Als das Boarding begann, stellten wir und dann wieder in die Schlange.
Die Bordkarten wurden gescannt. Ich wurde angelächelt. Keine Pause, kein Blick zwischen Ausweis und Gesicht.
Einfach: Weitergehen. Einsteigen.
Wir setzten uns auf unsere Plätze – und der Tag fühlte sich jetzt nicht mehr aufregend an.
Er fühlte sich richtig an.

Der Flug: 2 Stunden 45 Minuten ganz normal
Neben mir saß ein junger Mann – Student, wie sich später herausstellte, auf dem Weg in den Semesterferien zur Familie nach Spanien. Wir kamen ganz natürlich ins Gespräch. Über das Wetter, Spanien, Reisetipps – einfach so. Ohne großes Nachdenken, ohne Unsicherheit.
Ich war für ihn einfach eine Mitreisende. Punkt.
Auch das Flugpersonal war entspannt und freundlich. Getränke? Lächeln. Alles ganz normal.
Ankunft in Madrid – und ein Zwischenfazit

Nach knapp drei Stunden landeten wir in Madrid. Also raus aus dem Flieger, gefühlt quer durch den halben Flughafen zum nächsten Gate gehen und dann 1,5 Stunden Aufenthalt, bis es weitergeht.
Der erste Teil unserer Reise war geschafft.
Und ich war Tamara. Vom ersten Moment an.
Kein Verstecken. Kein Rückzieher. Kein „Vielleicht doch lieber morgen anfangen“.
Ich hatte es getan – und es war gut.
Fazit?
Manchmal ist der schwierigste Moment der erste Schritt aus der Tür.
Aber wenn man ihn geht, öffnet sich eine Welt voller Normalität, Freundlichkeit und kleinen Wundern.
Tamara 💕